Ich mache immer zu wenig

Ich mache immer zu wenig

DIE KUNST DER WAHRNEHMUNG Du liest Ich mache immer zu wenig 4 Minuten

Ich mache immer zu wenig - das Gefühl, nie genug zu sein**

Es ist Sonntagabend. Du sitzt auf der Couch, vielleicht mit Chips, vielleicht mit einem schlechten Gewissen. Du scrollst durch Instagram, siehst Leute beim Mealpreppen, beim Journaling, bei Sonnenaufgangs-Wanderungen.
Du dagegen? Hast heute Wäsche gewaschen. Und vielleicht gebügelt. Oder halt... auch nicht.

Und da ist es wieder: dieses nagende Gefühl, dass du nicht genug gemacht hast.
Nicht genug geschafft, nicht genug gegeben, nicht genug gewesen bist.

„Ich mache immer zu wenig."
Ein Satz, den viele von uns mit sich herumtragen - oft unbewusst, oft wie ein ständiges Grundrauschen.

Woher kommt dieses Gefühl eigentlich?

Familienprägung
Vielleicht bist du mit Eltern groß geworden, die Leistung hochgehalten haben wie eine Fahne.
Vielleicht gab es diesen Stolz, wenn du viel geschafft hast - und Schweigen, wenn du einfach „nur" warst.
Oder du hast früh gelernt: **Liebe muss man sich verdienen** - durch Nützlichkeit, Hilfsbereitschaft, Fleiß.

Vergleichs-Overload
In einer Welt, in der jede*r alles teilt, wird Produktivität zur Bühne.
Du siehst den Erfolg der anderen - und blendest aus, dass das nur ein Ausschnitt ist.
Du siehst nicht das müde Gesicht am Morgen, den Abwasch nach dem Mealprep oder die Unsicherheit vorm „perfekten" Selfie.
Du siehst Ergebnisse. Und hältst sie für den Standard.

Ein innerer Antreiber, der nie schläft
Kennst du den Gedanken:
„Wenn ich mich einfach mal ausruhe, bin ich faul."
oder:
„Ich darf erst entspannen, wenn alles erledigt ist."
Spoiler: Es ist nie alles erledigt.
Dein innerer Antreiber stellt keine Pausenpläne aus. Der kennt nur: mehr, schneller, besser.
Und dabei vergisst er, dass du kein Roboter bist. Sondern ein Mensch.

Was dieses Gefühl mit uns macht

Wenn du dauerhaft denkst, dass du zu wenig machst, passiert Folgendes:
Du zweifelst ständig an dir.
Du bewertest dich über deine Produktivität.
Du gönnst dir keine echte Pause, weil sie sich „nicht verdient" anfühlt Du überhörst deine Bedürfnisse.
Du fängst an, dich selbst abzulehnen - immer ein kleines Stück mehr.

Und irgendwann:
Selbst wenn du alles geschafft hast, fühlst du dich trotzdem leer.
Weil das Loch, dass du stopfen willst, gar nichts mit Aufgaben zu tun hat.
Sondern mit deinem Selbstwert.
Wie du damit aufhören kannst

Du musst nicht dein ganzes Leben umkrempeln.
Manchmal reicht es, innezuhalten - und ehrlich zu fragen:
Was würde ich tun, wenn ich wüsste, dass ich jetzt schon genug bin?

Nicht, wenn ich 10 Kilo abgenommen habe.
Nicht, wenn ich mein Leben „im Griff" habe.
Nicht, wenn die Steuererklärung abgegeben ist.

Sondern jetzt. Heute.
Mit deiner müden Stimme. Mit der angefangenen To-do-Liste. Mit dem offenen Tab voller Erwartungen.

Vielleicht würdest du dann plötzlich:
einen Kaffee trinken - ohne Multitasking.
dich hinlegen - ohne schlechtes Gewissen.
stolz auf dich sein - ohne äußeren Applaus.

Der Gegenspieler von „zu wenig" ist nicht „mehr" - sondern „genug"
Du musst nichts leisten, um wertvoll zu sein.
Du darfst zufrieden sein, auch wenn du heute nicht alles geschafft hast.
Du darfst dich mögen, auch wenn du mal keine Energie hattest.
Du darfst in deiner Unvollkommenheit ganz und gar sein.

Denn manchmal ist es die größte Leistung, sich einfach selbst zu halten - ohne Bedingungen.

Journaling-Impulse für dich:
Wann fühle ich mich „genug" - und was mache ich in diesen Momenten?
Welche Stimme in mir sagt, dass ich „mehr" machen müsste - und wem gehört sie wirklich?
Was wäre mein Tag heute wert, wenn ich ihn nicht über Leistung bewerte?

Du bist nicht hier, um dich abzuarbeiten. Du bist hier, um zu leben.
Und manchmal ist ein tiefer Atemzug mehr als genug.

Und genau hier kann Journaling so kraftvoll sein.

Wenn du dich ständig „zu wenig" fühlst, hilft dir Journaling dabei, einen Gegenblick zu entwickeln:
Einen Blick, der nicht auf Leistung fixiert ist, sondern auf Wahrheit.
Auf das, was wirklich zählt - und was du brauchst.

Beim Schreiben kannst du die lauten Stimmen im Außen leiser machen - und deiner eigenen wieder Raum geben.
Du erkennst, wann du dich vergleichst. Wann du dich antreibst. Und vor allem: Warum.
Journaling ist wie ein Spiegel, der nicht urteilt.
Ein Ort, an dem du dir selbst begegnen darfst - ganz ohne To-do-Liste.
Wo du festhalten kannst, was genug heute für dich bedeutet.

Und manchmal ist allein das schon ein riesiger Schritt in Richtung Selbstannahme.
Schwarz auf weiß zu sehen:
Du bist da. Du fühlst. Du denkst.
Du bist - und das reicht.